Marmor von der Rolle
Innovativer Wandbelag auf Keramikbasis

Kundenbegeisterung der besonderen Art: Malermeister Möller hat nicht nur sein Bad,sondern auch den Kindergarten seiner Tochter Lisa (Mitte) mit dem neuen keramischen Wandbelag der Degussa ausgestattet. Malereien darauf lassen sich jetzt problemlos und schnell mit einem feuchten Schwamm entfernen. Fachmann Möller ist fest überzeugt, dass auf diese Weise viele Mütter und Väter die Vorteile des innovativen Materials erkennen und schätzen lernen. Foto: obs/Degussa AG
Familie Möller ist happy: Das Haus im Grünen, der kleine Garten mit Sandkasten und Schaukel für die Kinder, die frisch verlegte Terrasse - alles bestens. Nur das Bad muss Peter Möller, gelernter Malermeister, endlich fertig bekommen. Doch das Fliesen ist nicht gerade seine Leidenschaft, denn das Schneiden der widerspenstigen Kacheln ist ausgesprochen schwierig. Und auch die Fugen sehen nur gut aus, wenn sie exakt parallel zueinander verlaufen. Die Lösung für sein Problem hat Möller auf der Fachmesse Heimtextil in Frankfurt a.M. gefunden: den keramischen Wandbelag. Das Produkt der Degussa AG (Düsseldorf) ist nagelneu auf dem Markt - und hat eine Menge Vorteile. Marion Möller durfte den Farbton bestimmen und entschied sich für Marmor 501.
Für Fachmann Möller ist das Verlegen ein Klacks - in nur einem Tag erstrahlt das Badezimmer in einem beige-grünlichen Ton mit orangen Marmorierungen. Dabei sieht die Wandbeschichtung nicht nur superedel aus,sondern erfüllt zudem alle Anforderungen an die Ausstattung von Feuchträumen - selbst der Strahl aus der Dusche kann dem besonderen Wandbelag nichts anhaben. Die dreijährige Lisa Möller hat es schon ausprobiert: als Feuerwehrfrau in spe.

Keine Chance für Wasser: Die keramische Oberfläche von ccflex ist Wasser abweisend (links), weil die engen Poren die Wassermoleküle nicht durchlassen. Dagegen kann Sauerstoff ungehindert passieren, so dass das Material atmungsaktiv ist. Dauerberegnungstests (rechts), die den Einsatz an Duschen und Badewannen nachstellen, haben bewiesen: Selbst nach einer Woche durchgehender Befeuchtung ist kein Wasser eingedrungen. Um die Erprobung möglichst realitätsnah zu gestalten, wurde das Wasser auf 37 Grad C erwärmt und mit Waschsubstanzen (Tensiden) versetzt, die in Haarshampoos und Duschgels verwendet werden. Foto: obs/Degussa AG
Die hohe Wasserbeständigkeit ist nur eine von vielen nützlichen und neuartigen Eigenschaften, die auf die keramische Basis des Materials zurückzuführen sind. Bisher kennen wir den Werkstoff Keramik als hart und spröde. Deshalb gehen Teller und Tassen zu Bruch, wenn sie auf den Boden fallen. Also keinesfalls etwas, das man auf eine Rolle wickeln könnte oder mit Bürste und Kantenroller auf die Wand bringt. Und dennoch ist genau das der Creavis Technologies & Innovation (Marl) gelungen. Die Forschungs- und Entwicklungseinheit der Degussa AG, des weltweit führenden Unternehmens für Spezialchemie, hat unter der Bezeichnung ccflex eine flexible Keramik zur Marktreife gebracht, die als strapazierfähiger, pflegeleichter Wandbelag Fliesen und klassischen Tapeten Konkurrenz macht.

Keine Chance für Wasser: Die keramische Oberfläche von ccflex ist Wasser abweisend (links), weil die engen Poren die Wassermoleküle nicht durchlassen. Dagegen kann Sauerstoff ungehindert passieren, so dass das Material atmungsaktiv ist. Dauerberegnungstests (rechts), die den Einsatz an Duschen und Badewannen nachstellen, haben bewiesen: Selbst nach einer Woche durchgehender Befeuchtung ist kein Wasser eingedrungen. Um die Erprobung möglichst realitätsnah zu gestalten, wurde das Wasser auf 37 Grad C erwärmt und mit Waschsubstanzen (Tensiden) versetzt, die in Haarshampoos und Duschgels verwendet werden. Foto: obs/Degussa AG
Wasserbeständig und trotzdem atmungsaktiv
Auf Grund ihrer keramischen Natur ist ccflex kratz- und schlagfest, chemikalienbeständig sowie stabil gegen ultraviolette Sonnenstrahlung. Zudem widersteht es Feuer und Flamme. Vor allem aber ist es wasserbeständig und trotzdem atmungsaktiv - ein wichtiger Unterschied zu PVC- und Vinyl- Tapeten,der gerade im Bad eine wichtige Rolle spielt. Und ein weiterer Vorteil: Unser Produkt ist als Rollenware einfach zu handhaben, so Michael Schulze, der innerhalb der Creavis für den Verkauf und das Marketing von ccflex verantwortlich ist. Da das Material fugenlos verlegt wird, gibt es auch viel weniger Ansatzpunkte für Schmutz oder Schimmel. Verarbeitet wird es in der Regel mit einem herkömmlichen Dispersionskleber. Dabei zeigt sich ein weiterer Pluspunkt: Bei einem Wohnungswechsel oder einer Renovierung lässt sich der Wandbelag wieder einfach entfernen. Das mühsame Anfeuchten und Abspachteln entfallen in Zukunft.
Eigenschaften nach Maß: geringe Keimbildung, hohe Schmutzabweisung
Die Produkteigenschaften können in weiten Grenzen für spezifische Anwendungen maßgeschneidert werden. So ließe sich durch eine entsprechende Ausrüstung die Bakterienausbreitung erheblich verringern und auch die Schimmelbildung unterdrücken. Zusätzlich kann die flexible Keramik mit weiteren funktionalen Oberflächeneigenschaften ausgerüstet werden. Dazu zählt zum Beispiel die besonders gute Reinigungsmöglichkeit (Easy-to-Clean).Auch hier hat sich Tochter Lisa schon betätigt: Ihre Wandmalerei, die Mutter Möller gar nicht zu schätzen wusste, ließ sich problemlos wieder entfernen - kinderleicht sozusagen. Denkbare Anwendungen von ccflex sind unter anderem Wandbeläge in Wohn-, Arbeits- und Sanitärbereichen sowie Dekorelemente in Gebäuden. Um sie alle abzudecken, gibt es die keramische Oberfläche bereits in einer Vielzahl von Farb- und Gestaltungsvarianten. Dabei entwickelt das Creavis-Team unterschiedliche Designs, die die spezifischen Anforderungen und Gewohnheiten u.a. in den USA, in Großbritannien oder Deutschland erfüllen.

Schichtkontrolle: Mit einem patentierten Verfahren wird das flexible Trägermaterial kontinuierlich keramisch beschichtet, anschließend durch eine Wärmebehandlung verfestigt und abschließend mit einer anorganischen Deckschicht versehen. Torsten Grabosch von der Creavis Technologies & Innovation, in der Degussa den Aufbau von neuen strategischen Geschäftsfeldern bündelt, überprüft mit einer Stablampe die Qualität des keramischen Wandbelages, bei dessen Produktion permanent Materialauftrag und Ðdicke gemessen werden. Foto: obs/Degussa
Grundlage von ccflex ist eine von Degussa in ihrem Science to Business Center Nanotronics (Marl) entwickelte und patentierte Technologie. Sie erlaubt es, ein flexibles Trägermaterial, z.B. ein Polymervlies, in einem kontinuierlichen Prozess keramisch zu beschichten und mit weiteren anorganischen Deckschichten zu versehen. Dieses einzigartige Verfahren hat große Vorteile: Im Normalfall erhalten keramische Materialien erst bei hohen Temperaturen ihre Festigkeit. Fachleute sprechen hier vom Sintern. Uns ist es gelungen, diese Temperaturen, die einen hohen Energieverbrauch mit sich bringen würden, deutlich zu reduzieren, erklärt Dr.Martin Wille, im Bereich ccflex für Produktion und Technologie zuständig. Dank des besonderen Know-hows der Degussa gelingt die Verankerung und Verfestigung der Keramik auf der Kunststoff-Matrix bei nur rund 250 Grad C, bis zu 1.000 Grad C niedriger als bisher. Dabei kommt es zu einer besonderen Art Verklebung zwischen Träger und Beschichtung, das Material wird keraisiert. Nach der möglichen Bedruckung wird dann eine transparente Topcoat-Beschichtung aufgebracht. Der komplette Prozess ist patentiert wie auch die spezielle Anwendung.
Große Gestaltungsmöglichkeit durch Einfärben oder Bedrucken
Zur Gestaltung kann das keramische Material, das aus einer Mischung verschiedener Metalloxide besteht, sogar eingefärbt werden. Alternativ erfolgt nach der thermischen Behandlung die Ausstattung mit Dekoren oder Motiven, die die Partnerfirma Kreativa Tapeten GmbH (Hohenberg, Fichtelgebirge) übernimmt.Diese Verschönerung kann durch herkömmliche Bedruckungsprozesse wie Flexodruck erfolgen. Abschließend wird in jedem Fall der wasserabweisende Topcoat als Oberflächenversiegelung und eine Rückseitenbeschichtung für die Verklebung aufgebracht. Nach der Qualitätskontrolle wird das Produkt in Zusammenarbeit mit der Partnerfirma auf genormte Abmessungen zugeschnitten und versandfertig verpackt. Derzeit fertigen wir 25-Meter-Rollen mit 70 Zentimetern Breite, Ende des Jahres werden auch 100 Zentimeter zur Verfügung stehen, so Schulze. Inzwischen hat Creavis eine weitere Produktionsanlage erworben, die in diesem Jahr in einer eigenen Halle in Betrieb gehen wird. Hiermit können sogar bis zu 150 Zentimeter breite Rollen gefertigt werden, die dann neue Märkte bei der Beschichtung von Möbeln oder Arbeitsflächen erschließen sollen.

Feuerprobe bestanden: Bei einem Flammentest wurde ccflex mit einer herkömmlichen Raufasertapete verglichen. Nach einer Beflammung von zehn Sekunden ist die Tapete bereits zu Asche verbrannt. Weitere Stellen brennen nach und nach ab.Der keramische Wandbelag glüht dagegen nur aus und fällt nicht brennend ab. Das Feuer breitet sich nicht weiter aus. Gerade diese Eigenschaft Ð gepaart mit dem geringen Gewicht Ð macht einen Einsatz in Zügen, Flugzeugen oder Schiffen interessant. Foto: Degussa AG
Um das Know-how im Bereich flexibler Keramik zu schützen, übernimmt Degussa die Vermarktung des neuen Produkts selbst. Auf Grund der bemerkenswerten Resonanz, die sich in den zurückliegenden Monaten sowohl auf der Messe Material Vision als auch auf der Heimtextil gezeigt hat, will das Unternehmen bis Ende 2007 mehr als eine Million Quadratmeter verkaufen. Erste Ansprechpartner sind Architekten, Fachbetriebe und große Wohnungsbaugesellschaften. Interesse hat bereits die Wohnbau Rhein-Lippe signalisiert, die zum RAG-Konzern gehört und Sanierungen an ihrem Bestand mit ccflex durchführen möchte. Dabei spielt neben dem hervorragenden Eigenschaftsprofil ein weiterer Vorteil eine wichtige Rolle: Der Wandbelag aus Marl kann schneller und kostengünstiger verarbeitet werden als Fliesen, die Stück für Stück verklebt und anschließend noch verfugt werden müssen. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist das geringe Gewicht. Dadurch sind viele Leichtbauanwendungen in Zügen, Flugzeugen und Schiffen möglich, in denen eine hohe Funktionalität gepaart mit einer edlen Optik gefordert ist. Gerade im Premiumsegment - also bei Kreuzfahrschiffen oder der ersten Klasse in Bahnen und Fliegern - könnte eine zusätzliche Nachfrage entstehen, zumal das keramische Material eine hohe Brandschutzeinstufung erhalten dürfte.

Vier Lagen zum "Marmor von der Rolle": Die Basis (1) besteht aus Polymervlies, das nötige Flexibilität aufweist. Direkt darauf wird kontinuierlich das keramische Material (2) aus einer Metalloxidmischung aufgebraucht, das auch bereits eingefärbt sein kann. Alternativ kann eine Bedruckung (3) mit einer großen Motivvielfalt erfolgen. Abschließend wird eine transparente Topcoat-Schicht (4) verwendet, die ebenfalls keramisiert wird. "Uns ist es gelungen, den hohen Energieverbrauch deutlich zu reduzieren." Dr. Martin Wille. Foto: Degussa AG
Mit ccflex hat Degussa ein innovatives Produkt entwickelt, das ein hohes Marktpotenzial verspricht. Erste Bemusterungen von möglichen Anwendern stießen auf großes Interesse. Vermutlich ist bald nicht nur Familie Möller begeistert von ihrem neuen Marmorbad. Der Malermeister jedenfalls hat schon eine Idee, wie er auch seine Kunden überzeugen will: Notfalls nehme ich sie mit zu mir nach Hause. Das wirkt bestimmt.
Als weltweite Nummer Eins in der Spezialchemie schafft Degussa mit innovativen Produkten und Systemlösungen Unverzichtbares für den Erfolg ihrer Kunden. Dies fassen wir in dem Anspruch creating essentials zusammen. Im Geschäftsjahr 2005 erwirtschafteten rund 44.000 Mitarbeiter weltweit einen Umsatz von 11,8 Mrd. Euro und ein operatives Ergebnis (EBIT) von 940 Mio. Euro.
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