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Hygenius - die neue Art, Auto zu fahren (Teil 1)

 

Hygenius: die Geburt eines Forschungsautos (Teil 2)
von P.M.-Redakteur Wolfgang Stegers


Während sich das Exterieur Design in Tokio weiter um die Karosserie kümmerte, hatte die Forschung in Ulm das Herz des F 600 zum Schlagen zu bringen. Das urbane Mobilitätskonzept verlangte nach einem wegweisenden Antrieb. Da überrascht es nicht, dass der neueste Spross der Forschungsautos von einer Brennstoffzelle befeuert wird. Aber eigentlich erzeugt die Brennstoffzelle als Automobilantrieb nur geringe Beifallsstürme. Zu oft schon wurde die Serieneinführung versprochen und wieder verschoben, zu häufig mussten die Propagandisten zurückrudern und eingestehen, dass die Schwierigkeiten mit dieser neuen, hochkomplexen Technik im Automobil unterschätzt worden sind.

Fehlende Leistung, unbefriedigendes Kaltstartverhalten, mangelnde Dauerhaltbarkeit der Membran auf der einen, wie geringe Batteriekapazitäten, schlappe Elektromotoren und noch nicht optimale Regelelektronik auf der anderen Seite, haben viele außenstehende Beobachter am Erfolg der kalten Verbrennung zweifeln lassen.

 


Dass es mit der Bereitstellung von Wasserstoff oder anderen Energieträgern noch schlechter aussieht, macht den Durchbruch dieser neuen Technik nicht wahrscheinlicher. Aber bevor man sich mit den Energiekonzernen im Kreise dreht und erst die Wasserstoffversorgung einfordert bevor die Brennstoffzellenautos praxistauglich sind, wie auch umgekehrt, arbeiten die großen Automobilfirmen der Welt an alltagstauglichen Fahrzeugen, heißt es bei den Ulmer Forschern von DaimlerChrysler rund um ihren dynamischen Chef Professor Kohler.

 


Für Herbert Kohler und seine Mannschaft steht fest, dass sie mit dem neuen F 600 einen weiteren „wichtigen Schritt nach vorn gemacht haben, um die Brennstoffzelle weiter zu entwickeln“. Er ist überzeugt davon, dass sie der Motor der zukünftigen Mobilität ist, auch wenn er in seinem Haus an der weiteren Verbesserung der herkömmlichen Verbrennungskraftmaschinen von Benzin- und Dieselmotor, Hybridkonzepten sowie dem Gasantrieb mit teilweise großem Erfolg gearbeitet wird. „Das darf uns aber nicht davon abhalten, die Brennstoffzelle zu vernachlässigen“, meint der Wissenschaftler. Was beim ersten Anschein als nur kleine, trippelnde Fortschritte erscheinen, ist für die Forscher ein Satz nach vorn.

Das F600 Forschungsauto nennt sich zwar Brennstoffzellenfahrzeug, hat aber als Antrieb einen Elektromotor. Die Brennstoffzelle ist für die Umwandlung von unter hohem Druck getanktem Wasserstoff in elektrische Energie verantwortlich. Diese fließt je nach Bedarf zum elektrischen Antriebsmotor oder in die mitgeführte Batterie. Sie speichert die elektrische Energie und gibt sie bei Bedarf an den Elektromotor ab. So kann der Motor aus zwei Quellen seine E-Kraft schöpfen: direkt aus der Brennstoffzelle oder von der Batterie. Zusätzlich wird auch noch elektrische Energie durch das Bremsen gewonnen. Dann dient der Elektromotor als Generator und schickt Strom in die Batterie. In einem höchst komplizierten Zusammenspiel aller beteiligten Einheiten samt dem herkömmlichen Getriebe wird der Stromfluß elektronisch gemanagt. Mal braucht der Antriebsmotor besonders viel – beim Beschleunigen, mal reicht der Stromvorrat aus der Batterie – beim Anfahren.

Aber nicht nur bei der Software haben die Ulmer Forscher deutliche Verbesserungen erzielt. Auch die einzelnen Bauteile wurden optimiert. So konnte der Betriebsdruck in den beiden Wasserstofftanks auf 700 bar erhöht, noch bevor der Wasserstoff sich dann zu verflüssigen droht, das Volumen auf 98 Liter gesteigert und das Gewicht auf knapp 4 Kilo gesenkt werden. Zum ersten Mal wurde in einem Fahrzeug mit Elektroantrieb eine Lithium-Ionen-Batterie als Energiespeicher mit 200 bis 270 Volt Spannung und einer Spitzenleistung von 55 Kilowatt eingesetzt. Der Energiewandler ist die eigentliche, Strom erzeugende Brennstoffzelle mit den so genannten Einzelstacks, bei der viele einzelne Zellelemente zuammengepackt sind. Jede Zelle ist ein galvanisches Element und erzeugt Strom. 400 davon bilden einen Stack. Vier sind insgesamt beim F 600 mit einem Gewicht von 40 Kilogramm an Bord.

 


Den Ulmer Grundlagenforschern ist ein entscheidender Schritt zur Dauerhaltbarkeit und günstiger Massenfertigung der Fuel Cell gelungen. So konnten die ursprünglichen aus Gold bestehenden elektrischen Pole durch keramische Werkstoffe ersetzt werden. Die als aktive Membran zwischen den positiven und negativ geladenen Teilchen wirkende und mit Platin beschichtete Kohlenstofffolie, wurde in einem speziellen Verfahren so verbessert, dass sie korrosionsresistent ist und damit länger hält. Außerdem ist es mit der „trockenen Membran“ jetzt gelungen, die Vereisung der galvanischen Elemente bei tiefen Außentemperaturen zu verhindern. Ähnlich wie bei einer Goretex-Membran streicht nach dem Abschalten der Brennstoffzellen trockene Außenluft in die Zellelemente und zieht den Wasserdampf heraus, ohne dass er auskondensieren kann. Es tritt also Wasserdampf und kein flüssiges Wasser aus.

 


Damit sind aber bei weitem nicht alle Verbesserungen an dem System Brennstoffzelle genannt. Mit dem elektrischen Turbolader hat sich das Forscherteam um Christian Mohrdieck etwas ganz besonderes einfallen lassen. Denn bisher wurde die zur Energieumwandlung in Strom notwendige Umgebungsluft angesaugt und in einem Kompressor verdichtet, zum dann zu den Zellmembranen gepresst zu werden. „Ineinanderlaufende Schraubenkompressoren (58 Kilogramm) sind nicht nur schwer“, erklärt Mohrdieck, „sondern sie verbrauchen auch viel Energie.

 


Zum ersten Mal haben wir einen nur acht Kilogramm schweren elektrischen Turbolader eingesetzt, der mit wesentlich weniger Energie auskommt.“ Eine besondere Herausforderung war dabei, die zentrale Welle des mit 100000 Umdrehungen pro Minute rasenden Verdichterrades so zu lagern, dass auf eine gleitende Schmierung verzichtet werden kann. Neben höchst extremer Passgenauigkeit war geringst mögliche Reibung erforderlich. „Keramik hat sich da angeboten“, lässt sich Mohrdieck als Betriebsgeheimnis entlocken.

 


Die Fahrleistungen des F600 sind da weniger geheim und sollen da für sich sprechen. So entwickelt das F600-Brennstoffzellenfahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h, besitzt eine Reichweite von 360 bis 400 Kilometer bei einem Verbrauch von 3,7 bis 3,3 Liter Dieseläquivalent. Damit geben die Forscher den von Wasserstoff auf Dieselkraftstoff umgerechneten Treibstoffkonsum an. Ganz geräuschlos geht das Fahren nicht vonstatten. Bisher erinnerten die schnell laufenden Fuel Cell Cars mit ihren nervig hohen Tönen an Düsenjets oder überdrehte Nähmaschinen. Jetzt haben die Forscher ihren F600 in den Tonkanal geschoben und einer Soundkur unterzogen. Nun hört sich das Forschungsfahrzeug für Fußgänger und Beifahrer beinahe wie ein richtiges Auto an. Neben den Fahrleistungen bietet der F 600 mit dem internen Spitznamen „Uptown“ den erforderlichen Platz, den gewünschten Komfort und die notwendige Sicherheit allemal schon.

 
Fotos: P.M.

Was wir davon in Zukunft in serienmäßigen Modellen sehen, kaufen und erleben können, hängt von vielen Faktoren ab. Aber das schwenkbare zentrale Display mit frei wählbaren Einblendungen und einem virtuellen Bild im Abstand von 1,6 Meter ist nicht nur Augen schonend, sondern dient auch der Verkehrssicherheit. Denn die Augenlinse braucht sich nicht mehr zu akkommodieren und sich neu auf die Nähe scharf stellen, um die Anzeigen ablesen zu können.

Elektronisches Kurvenlicht, Frontscheinwerfer in Lichtdiodentechnik anstelle der Halogenbirnchen, blinkende Bremslichter, herausfahrbarer Knieschutz und mitdenkende Rückspiegel die nach dem Einparken die Türen blockieren, sollten sich Fahrradfahrer oder passierende Autos nähern, sind nur einige aus der langen Liste neuartiger Features im F600. Eines hat aber selbst die verwöhnten Designer in Como besonders angetan. Der Ident Sensor erkennt, ob der Fahrer oder der Beifahrer den zentralen Bedienknopf zwischen den Sitzen bedient. So können beide das Radio für einen neuen Sender einstellen. Die gewünschte Geschwindigkeit für die automatische Geschwindigkeitsregelung aber ist allein dem Fahrer vorbehalten. Lerne: Was dem Fahrer erlaubt ist, ist nicht immer dem Beifahrer erlaubt oder lateinisch: Quod licet Jovi non licet bovi. (Quelle: www.pm-magazin.de )


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