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Wasserstoff im Härtetest


Schichtenbauweise eines Wasserstoff-Druckbehälters Foto: FTD.de

Europäische Wissenschaftler prüfen, wie gut Hochdrucktanks und Brennstoffzellen extremen Belastungen standhalten. Die Europäische Kommission will damit einen Sicherheitsstandard für Wasserstoftanks festlegen. Wenn da drin was explodiert, kriegt man hier draußen nur wenig davon mit." Hugues Crutzen steht vor dem "Bunker": der Eingang von einer 40-Tonnen-Schiebetür verbarrikadiert, Mauern und Decke aus dickem Beton. Drei Meter Sand liegen auf dem geduckten Bau; von der Seite sieht er aus wie eine der umliegenden Nordseedünen. Das seltsam gepanzerte Gebäude, nur ein paar Hundert Meter vom holländischen Nordseestrand entfernt, ist ein nagelneuer Teststand für Gastanks. Mit ihm will die Europäische Kommission die noch fehlenden Sicherheitsstandards für die Wasserstoffwirtschaft festlegen.

Wasserstoff gilt als ein Weg aus der drohenden Klimakatastrophe. Deshalb hat die Europäische Kommission im Institut für Energie im niederländischen Petten zwei Teststände eröffnet. Der eine checkt Brennstoffzellen auf Herz und Nieren. Der andere prüft die Tanks, in denen Wasserstoff im Auto gespeichert wird.

Hochdrucktanks der neuesten Generation
Im Bunker untersucht Crutzen die Hochdrucktanks der neusten Generation - aufwändige Gebilde, geformt aus einem komplexen Sandwich-Werkstoff. Crutzen zeigt auf eine schwarze Röhre, knapp so groß wie eine Mülltonne: "Eine große Kunststoffflasche, sie fasst 126 Liter", beschreibt der EU-Forscher. "Damit die Flasche den hohen Druck aushält, ist sie von einem Mantel aus leichter, aber zugleich sehr stabiler Kohlefaser umgeben."

Ein MAN-Brennstoffzellenbus Foto: MAN

Die Anforderungen an die Wasserstoffbehälter sind deutlich höher als bei einem ordinären Benzintank. "Die Tanks müssen unglaubliche Tests bestehen", erzählt Crutzen. "Sie werden aus großer Höhe fallen gelassen; außerdem feuert man mit einem Gewehr auf sie, und sie dürfen trotzdem nicht lecken." Schließlich müssen die gefüllten Tanks minutenlang im Feuer liegen, ohne dass sie in die Luft gehen dürfen.

Nun schaltet Crutzen einen kräftigen Kompressor an. Binnen wenigen Minuten drückt er das Gas in die Röhre, bis es einen Druck von 350 Bar erreicht hat, 350fachen Atmosphärendruck. Danach leert der Forscher den Tank wieder, diesmal aber wie im echten Leben in sachtem Tempo. Später werden die Experten diese Prozedur Hunderte oder gar Tausende Male wiederholen - wie beim Autoalltag von Otto Normalfahrer.

Ärgernis für die Fahrer
Das Problem: Im Laufe der Zeit altert das Material, die Tankwand neigt dazu, mehr und mehr Wasserstoff passieren zu lassen. Das Molekül ist nämlich derart klein, dass es viel leichter durch Wände und Behältnisse diffundiert als zum Beispiel Luft. Zum einen wäre ein durchlässiger Tank ein Ärgernis für den Fahrer. Zum anderen wäre die Sicherheit bedroht: Steht der Wagen in der Garage, könnte sich der Wasserstoff in der Luft auf mehr als vier Prozent anreichern und beim kleinsten Funken explodieren. Theoretisch reicht schon der Griff zum Lichtschalter.

Deshalb macht Crutzen einen Lecktest, und der Tank kommt in eine gut mannshohe Kammer aus massivem Stahl. "Wenn Wasserstoff aus dem Tank leckt, wird er zu einem Gasdetektor geleitet. Dieser Detektor misst die Konzentration des Gases - woraus wir ermitteln können, wie viel Wasserstoff entweicht."

In einer anderen Halle, ein paar Hundert Meter entfernt, wartet Crutzens Kollege Marc Steen. Er zeigt auf eine kleine quadratische Kammer mit Metallwänden. Drinnen schaukelt ein wuchtiger Stahltisch im Sekundentakt stupide vor sich hin. "Das ist unser Teststand für Brennstoffzellen", sagt Steen. "Hier prüfen wir, wie leistungsfähig die Zellen sind." Schließlich seien so manche Straßen in Europa ziemlich holprig. "Auf ihnen wird eine Brennstoffzelle ordentlich durchgerüttelt", meint Steen. "Mit dem Teststand können wir simulieren, wie gut das der jeweilige Zellentyp aushält."

Das Grundproblem: Die Brennstoffzelle fürs Autofahren ist noch wenig erprobt. Vor allem bei starker Kälte macht der Betrieb Schwierigkeiten. Mit ihrem Teststand wollen die EU-Wissenschaftler herausfinden, ob die Zellen auch bei den extremsten Bedingungen funktionieren. Aus der Kammer weht deshalb ein kalter Lufthauch, als würde man gerade die Kühlschranktür öffnen. "Wir können in der Kammer eine Temperatur von minus 40 Grad bis plus 60 Grad einstellen", sagt Steen. "Also den Winter in Lappland ebenso wie den Sommer in der Algarve." Auch die Luftfeuchte sei stufenlos regelbar - von der knochentrockenen Wüste bis zum tropischen Dschungel.

Während die Tortur läuft, überwachen die Experten die Kenndaten der Brennstoffzelle: Spannung, Leistung und Temperatur. "Die Hersteller sollen die Möglichkeit haben, bei uns ihre Brennstoffzellen und Wasserstofftanks von einer wirklich unabhängigen Institution testen zu lassen", sagt Roland Schenkel, Chef der EU-Forschungsinstitute. "Mit unseren Testständen wollen wird die künftigen Sicherheits- und Leistungsstandards vorgeben." (Quelle: Frank Grotelüschen; FTD)


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